29. Deutscher Schmerz- und Palliativtag: „Schaut mehr auf den Menschen“ / Eröffnungsvortrag zum Schmerz- und Palliativtag von Prof. Dr. Rita Süssmuth

Mehr individualisierte nicht nur
evidenzbasierte Therapie für Schmerzpatienten, wünscht sich Prof. Dr.
Rita Süssmuth. So das Fazit der Bundestagspräsidentin a.D. und
ehemaligen Bundesgesundheitsministerin in ihrer Eröffnungsrede zum
29. Schmerz- und Palliativtag in Frankfurt. Dr. med. Gerhard
Müller-Schwefe, Tagungs-Präsident, schloss sich dem an und betonte:
„Damit das Wissen aus der Forschung auch in der Versorgung der
Schmerzpatienten ankommt, werden in den folgenden Tagen alle
relevanten Facetten zusammengetragen und diskutiert. Damit leistet
dieser Kongress einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der
Versorgung der Patienten.

Das Thema Schmerz- und Palliativversorgung treibe sie seit Jahren
um, nicht zuletzt durch ihre Beschäftigung mit AIDS. Dort habe sie
viele Erfahrungen gemacht, die sie nun weitergeben will – in der
Hoffnung, dass man es heute besser machen könne. Die Fortschritte in
der Medizin haben dafür gesorgt, den Menschen immer kleinteiliger zu
durchleuchten. Auf der Strecke geblieben ist ihrer Ansicht dabei der
Mensch in seiner Gesamtheit. Den Patienten täte es gut, wenn die
Behandlung weg von der rein evidenzbasierten Medizin wieder stärker
hin zur individualisierten Medizin ginge – und auch die Skepsis
anderen Medizinkulturen gegenüber abgelegt würde. Ob Homöopathie,
Akupunktur oder TCM – es sei doch eigentlich egal, warum etwas einem
Patienten hilft und wie. Hauptsache es geht ihm besser. Ruhig mal die
vorgegebenen Pfade verlassen und neue Wege einschlagen, auch wenn es
eventuell mal ein Irrweg sei: „Daraus lernen Sie, und das ist gut!“.

Handeln, auch ohne zu wissen

Ein Beispiel dieser „neuen Wege“ führte zurück in die Anfänge der
Hospizbewegung Mitte der 80er Jahre. „Einen Ort für Menschen zu
schaffen, die nicht zuhause sterben können, das war damals ja völlig
neu. Und dann hat man dort diesen Menschen die Hand gehalten. Das war
garantiert nicht evidenzbasiert oder standardisiert, aber es hat
geholfen!“ Manchmal müsse man eben einfach handeln. Aus solchen
Erfahrungen könnte die moderne Medizin ihrer Meinung nach noch viel
lernen. Für unerlässlich hält sie eine flächendeckende Bedarfsplanung
in der Schmerztherapie. Wenn die Lösung in der Einführung des
Facharztes für Schmerzmedizin liegt, sollte dieser entsprechend
eingefordert werden.

Stoppschild „Kosten“

Ein weiterer Wunsch sei, die Kosten- und Nutzen-Relation nicht nur
aus ökonomischer Sicht zu betrachten. „Es kann nicht sein, dass in
sogenannte austherapierte Menschen kein Geld mehr investiert wird“.
Der Nutzen, wie etwa bessere Lebensqualität, sei bei kranken Menschen
nun einmal nicht ökonomisch zu messen. Das „Kosten-Stoppschild“
gehöre abgebaut – vor allem in der Politik. Wichtig in dem
Zusammenhang auch: „Therapie heißt nicht nur Medikamente, wir haben
vielleicht zu hohe Erwartungen in die Forschung und die Medizin“, so
Süssmuth. Doch Schmerzen und Leid lindern könnten ganz viele
Maßnahmen: Bewegungstherapie etwa, oder Kunst- und Musiktherapie.
„Hier wünsche ich mir mehr Offenheit und Austausch: Man kann nur aus-
und miteinander lernen.“

Rita Süssmuth war von 1988 bis 1998 Präsidentin des Deutschen
Bundestags und von 1985 bis 1988 Bundesministerin für Familie,
Frauen, Jugend und Gesundheit. Zuvor war sie Professorin für
Erziehungswissenschaften an den Universitäten Bochum und Dortmund und
Direktorin des Forschungsinstituts „Frau und Gesellschaft“ in
Hannover. Als Expertin für Migration wurde Rita Süssmuth unter
anderem 2.000 vom damaligen Bundesinnenminister Otto Schily zur
Vorsitzenden der unabhängigen Kommission „Zuwanderung“ berufen. Sie
ist heute Präsidentin des Konsortiums, das den deutschen Beitrag zum
Aufbau der Türkisch-Deutschen Universität (TDU) in Istanbul
koordiniert.

Weitere Informationen unter www.schmerz-und-palliativtag.de

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