Verlagerungen der chemischen Industrie ins Ausland drastisch gestiegen / VDI-Umfrage: Speziell Forschung und Entwicklung sowie Bereiche der Informationstechnologie ziehen vermehrt nach Asien

Eine Umfrage unter den rund 9.000 Mitgliedern
der VDI-Gesellschaft Verfahrenstechnik und Chemieingenieurwesen (GVC)
zeigt, dass deutsche Unternehmen aus der Chemiebranche Bereiche
vermehrt ins Ausland verlagern – ein Trend der bereits seit einigen
Jahren fortschreitet.

Aktuell geben knapp 51 Prozent der Befragten an, dass in ihren
Unternehmen eine Verlagerung bereits läuft, in Vorbereitung oder in
Diskussion ist. Nur bei knapp 30 Prozent ist eine Verlagerung derzeit
nicht vorstellbar. Zum Vergleich: 2014 wurde die Frage, ob ihr
Unternehmen Bereiche ins Ausland verlagert, noch von knapp 40 Prozent
der Befragten bejaht.

Know-how-Transfer oder doch eher Know-how-Verlust? Bedenklich
sieht der VDI vor allem die gesteigerten Verlagerungen von Forschung
und Entwicklung (F&E) von 21 Prozent auf 34 Prozent, der
Informationstechnologie von 25 Prozent auf 33 Prozent und der
Dienstleistung sogar von 33 Prozent auf 54 Prozent.

Erfreulich ist, dass die Verlagerung der Produktion offensichtlich
rückläufig ist: Sie ist zwar noch immer hoch, sinkt aber von 74
Prozent auf 64 Prozent. Das Engineering ist relativ konstant bei 33
Prozent. Dr.-Ing. Claas-Jürgen Klasen, President Asia Pacific North
bei Evonik Degussa und Vorsitzender GVC: „Für uns bedeutet das:
Deutsches Ingenieur-Know-how ist für die Produktion ein wichtiger
Erfolgsfaktor.“

Es bleibt jedoch die Frage, warum die Verlagerungen speziell von
F&E so deutlich gestiegen sind. Die Forschungsausgaben erreichen seit
Jahren neue Höchststände und untermauern Deutschlands Platz weltweit
als viertgrößter Forschungsstandort nach den USA, China und Japan.
Klasen erläutert: „Unsere Branche bemängelt vor allem regulatorische
Hemmnisse, fehlende steuerliche Anreize für Forschung in Unternehmen,
langwierige Genehmigungsverfahren und fehlende Offenheit für neue
Technologien. Die Investitionsbereitschaft in innovative Start-ups in
Deutschland spielt noch immer keine Rolle. Auch die
Innovationsförderung durch die Politik sehen wir kritisch.“

F&E sind heute mehr denn je marktgetrieben. Viele Märkte außerhalb
Deutschlands entwickeln sich rasant und haben ihre eigenen lokalen
Produktbedürfnisse. Daher gibt es verstärkt lokale
Produktentwicklungen. „F&E in Schwellenmärkten wird zielgerichtet von
der lokalen Politik gefördert, bürokratische Hürden sind deutlich
geringer als in Deutschland und die Entwicklung verläuft viel
rasanter“, sagt Klasen.

Um Auslandsverlagerungen im F&E-Bereich gegensteuern zu können,
braucht es neue Konzepte der internationalen Zusammenarbeit. Für
Klasen steht fest: „Die digitale Transformation ist nicht im
Alleingang möglich. Sie muss gemeinsam mit allen Beteiligten entlang
der Wertschöpfungsketten gestaltet werden, wobei die horizontale
Vernetzung (Supply Chain) und vertikale Vernetzung (Asset Life Cycle)
stärker verknüpft werden müssen. Und: Das volle Potenzial der
Digitalisierung kann in der Prozessindustrie erst durch KI gehoben
werden.“

Trotz all dieser Herausforderungen bleiben die Chemie- und
Prozessindustrie mit all ihren verwandten Branchen ein wichtiger
Jobmotor für Deutschland: So planen laut Umfrage 55 Prozent der
Unternehmen in 2018 und 2019 die Schaffung neuer Stellen. Dabei
können sie auf hervorragend ausgebildete Fachkräfte zurückgreifen,
denn über 90 Prozent der Befragten beurteilen die Ausbildung in der
Verfahrenstechnik als gut oder sogar sehr gut. Diese hervorragende
Ausbildung benötigt Deutschland auch, um für die digitale
Transformation gewappnet zu sein.

Der VDI – Sprecher, Gestalter, Netzwerker

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Fachliche Ansprechpartnerin im VDI:
Dr. Ljuba Woppowa
VDI-Gesellschaft Verfahrenstechnik und Chemieingenieurwesen (GVC)
Telefon: +49 211 6214-314
E-Mail: gvc@vdi.de

Original-Content von: VDI Verein Deutscher Ingenieure, übermittelt durch news aktuell

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